Designstudios Selb

Bauherr

Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge

Standort

Wunsiedel

Typologie

Bildung, Städtebau

LPH

Fläche BGF

Status

Wettbewerb: 2020

Fotografie

Selb

Stadt im Fichtelgebirge. Umgeben von sanften und schroffen Hügeln. Verwurzelt. Mit langer sozialer Tradition. Für die Menschen, die hier arbeiten und leben. Ort architektonischer Ambivalenz. kontrastreich, traditionell, designorientiert.

Städtebau

Die Adresse hat ihren Sinn verloren. Funktions-Satelliten aus einer alten Zeit kreisen um das leere Zentrum – ehemaliger tausendfacher Arbeits- und Lebensmittelpunkt.

Die Ansiedlung der Fach(hoch)schulen bildet einen jungen Schwerpunkt, welche dem Quartier Struktur und Orientierung zurück geben wird und vorhandene Funktionen wiederbeleben kann. Als neues Gelenk zwischen der fußläufig erreichbaren Innenstadt, den umgebenden Wohn- und Arbeitsquartieren und dem nahen Landschaftsraum. Ein Lern- und Freizeitort für Schüler und Studenten, Quartierspark für Berufstätige, Anwohner und Besucher des Werksverkaufs. Architektonisch verantwortungsbewusst, ökologisch sinnvoll, sozial integrierend, erweiterbar und mit tollem Ausblick.

Erschließung

Die beiden Gebäude der Berufsfachschule (BFS) und Fachhochschule rahmen den Hutschenreuther-Platz. Beide neue Adressen stehen gleichberechtigt und selbstbewusst für die angestrebte politische und städtebauliche Weiterentwicklung der Stadt Selb und für die Neuorientierung als Bildungsstandort. Der Platz bildet den Ankunftsort aus der Stadt und von der Bahn kommend. Der Anlieferverkehr / MIV gelangt nördlich der BFS in den multifunktionalen Werkhof, mit überdachtem Motorrad- / Fahrradabstellplatz, und auf den PkW-Parkplatz. Fußwege erschließen das parkartige Gelände und die daran angelagerten Funktionen. Trockenen Fußes wechselt der Schüler zwischen den beiden Gebäuden über eine mit Schirmen überdachte Esplanade.

Freiraum | Ökologie

Ein Platz, ein Hof, eine Terrasse, ein kleiner Park mit temporärem Wasser und ausreichend Sitz- und Bewegungsflächen. Der neu entstehende, dem Geländeverlauf folgende Freiraum wird unterschiedlichen Nutzeransprüchen im Alltag gerecht, fordert zum Erkunden auf und bietet eine Bühne für attraktive Veranstaltungen.

Die großzügige grüne Mitte nimmt das Wasser der umgebenden befestigten Dach- und Oberflächen auf und versickert / verdunstet es an Ort und Stelle. Extensive Wiesenbereiche wechseln mit kurz gemähten Rasenflächen. Deren Ränder werden von Schatten spendenden Gehölzgruppen überstanden, welche nahtlos in den Fichtelgebirgshorizont überzugehen scheinen.

Gebäude | Organisation

Der Neubau des „Böttger Studios“ präsentiert als sich ruhiger Kontrast zur spannungsvollen Umgebung Morandini, Piene und Hundertwasser Fassadenreihe. Das Studiogebäude wirkt in seiner großen Schlichtheit fasst kontemplativ und unterstreicht den Fokus als Bildungsstandort. Die Erscheinung des Gebäudes soll nicht zu verfehlen an den Aufstieg der Region und die kulturelle Identität durch das „weiße Gold“ erinnern.

Ein Schaufenster, eine Öffnung, eine, dem Platz und der Funktion angemessene, Geste leitet den Nutzer in den offenen Lernort. Die Weiterführung des Platzes in das Gebäude und der Anschluss des Pausenbereichs, mit seiner Orientierung Richtung Freiraum bringt eine Konzentration des Lebens in den Stadtraum.

Die Organisation des Gebäudes und der Weg durch das Gebäude spiegelt die freiraumplanerische Idee nach innen. Das Spiel mit Öffnung und Konzentration lässt Platz für Nischen als interne Rückzugsbereiche und Raumverbindungen als Kommunikationszonen.

In seiner Grundrissorganisation wurde das Gebäude auf drei klar orientierte Raumspangen reduziert, die ein multifunktionales Dazwischen aufspannen, was in seiner Funktion als Flur eine Mehrfachbelegung als Veranstaltungsbereich, Pausenzone und Verkehrsfläche dient.

In den Studios ist der Dreiklang der Funktionen fließend und dem Werkstattcharakter atmosphärisch angepasst – 1. Arbeitsraum – 2. CAD Arbeitsplatz – 3. Raum für Lehrpersonal = Design.

Durch die freie Grundrissgestaltung und die flexible Zonierung in den Studios wird den unterschiedlichen Raumforderungen und der analogen und digitalen Unterrichtsgestaltung Rechnung getragen.

Wirtschaftlichkeit

A/V Verhältnis, ein wirtschaftlicher Zweibund und eine bedarfsgerechte Platzierung der Funktionen bringen eine grundsätzliche Wirtschaftlichkeit mit sich, die dem Budgetrahmen entsprechen soll.

Die gerade, einfache Wegeführung läuft parallel zu den simpel aneinander gereihten Funktionen, die einfach zusammen schaltbar sind und somit einen belebenden Austausch schaffen.

Ökologie und Ökonomie schließen sich hier nicht aus. Reversible Konstruktionen und rohe Oberflächen verschaffen einen Industriecharme, der auf die Historie von Selb eingeht.

Tragwerk | Fassade

­Das Gebäude kann durch seine einfache Grundrissorganisation auf eine effiziente Konstruktionsmethode zurückgreifen. Der Einsatz von Fertigteilelementen lässt eine hohe Wirtschaftlichkeit in der Baudurchführung erwarten. Die Spangen werden im Wesentlichen durch ein Rahmentragwerk hergestellt, welches im EG aus Stahlbeton und im OG aus einer Stahlkonstruktion besteht. Das optimierte Tragwerk wurde auch hinsichtlich einer Lebenszyklusanalyse betrachtet, was zu einem Materialwechsel zwischen den Geschossen und einer Auflösung der Tragstruktur führte. Die Reduzierung der Transportenergie durch Reduktion der Baustoffmassen und der besseren Bilanz eines Stahlbauteils führt zur Einsparung der eingesetzten Ressourcen.

Die sekundären Konstruktionen wie eine vorgehängte Fassade und Innenwände werden soweit möglich reversibel additiv zusammengefügt.

Der Brandschutz wird selbstverständlich durch Stahlbetonbauteile und einen innovativen und nachhaltigen 2K-Brandschutzanstrich der Stahlbauteile erfüllt.

In der Materialität wechseln rohe Oberflächen zu Hochglanz/High-End-Oberflächen, wie der Eingangsfassade aus Metall mit Phoenix-Effekt, welcher einen Keramiklook vermittelt, oder der PTFE Glasfaser Hülle ab – Aggregatszustände des Werkstücks.

Das beschichtete Glasfasergewebe ermöglicht eine blendfreie und von Schattenwurf unbeeinflusste Streuung des Tageslichts, ohne den Blick in den Fichtelgebirgshorizont zu behindern. Spannend wird die Wechselwirkung in der Erscheinung durch unterschiedlichen Lichteinfall und im Kontrast zwischen Tag und Nacht.

Energie | Bauphysik
  1. Energieeffizienz/Primärenergie
    Die baulichen Wärmeschutzmaßnahmen für den Neubau sind so optimiert, dass die Wärmedurchgangskoeffizienten des Referenzgebäudes des Gebäudeenergiegesetzes (gültig ab November 2020) um mindestens 30 % unterschritten werden.Die Wärmeerzeugung erfolgt über effiziente Wärmepumpen, die mittels Eigenstromerzeugung über die Photovoltaik-Anlage auf den Dachflächen nachhaltig betrieben werden.Dadurch können die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes deutlich unterschritten werden. Es wird empfohlen, den energetischen Standard eines KfW-Effizienzhauses 55 für Nichtwohngebäude anzustreben.Der Entwurf weist ein sehr geringes Verhältnis zwischen der wärmeübertragenden Umfassungsfläche und dem Gebäudevolumen auf (A/V-Verhältnis), es handelt sich um ein kompaktes Gebäude.

 

  1. Bauklimatik
    Von besonderer Bedeutung für die Energieeffizienz eines Gebäudes ist neben dem winterlichen Wärmeschutz die Optimierung der thermischen Behaglichkeit durch passive Gebäudemaßnahmen, um auf energieintensive Kühlung durch Einsatz von Energie weitestgehend verzichten zu können.Im Wettbewerbsentwurf sind hierzu die nachstehenden Maßnahmen vorgesehen:
    – Der Einsatz tageslichtoptimierter Sonnenschutzisolierverglasungen in Kombination mit außenliegenden, beweglichen Sonnenschutzmaßnahmen.
    – Optimaler Fensterflächenanteil für die Studioräume von ca. 50 bis 55 % gewährleistet eine gute Tageslichtversorgung und vermeidet eine Überhitzung im Sommer.
    – In den Räumen wird die Speichermasse der Betondecken weitestgehend an die Raumluft angekoppelt, die Nachtauskühlung wird in Kombination mit den angekoppelten Speichermassen durch einbruchs- und witterungsgeschützte Lüftungselemente in der Fassade optimiert.In der Ebene 1 wird eine vorgesetzte Glasfasermembran als 2. Haut vorgesehen. Durch diese wird ein guter Witterungs- und ein hoher Windschutz für den Sonnenschutz erreicht. Zusätzlich verbessert sich das thermische Abstrahlverhalten der Fassade.Abgehängte Deckenflächen werden auf das notwendigste Maß hinsichtlich der Raumakustik und der Vorgaben für den „Lärmschutz am Arbeitsplatz“ sowie der Installationsführung beschränkt. Im Wettbewerbsentwurf sind Streckmetalldecken, Lamellendecken und Deckensegel vorgesehen.- In den Räumen, in denen mit temperaturempfindlichen Modellmassen gearbeitet wird, werden die reversiblen Wärmepumpen in den Übergangszeiten und im Sommer zur Kühlung genutzt, um die vorgegebene Raumtemperatur von 25 °C einhalten zu können.
    – Für das Foyer sowie die Veranstaltungs- und Ausstellungsflächen ist eine natürliche Durchlüftung vorgesehen.
    – Für das Foyer wird zur passiven Kühlung im Sommer die natürliche Thermik eingesetzt. Zuluftöffnungen sind in den Ebenen 0 und -1 vorgesehen, im Dachoberlicht werden öffenbare Elemente als Abluftöffnungen vorgesehen. Durch dieses System wird eine passive Nachtauskühlung des Foyers sowie der angrenzenden massiven Trennwände erreicht.
  1. Energie-/Lüftungskonzept
    Das Gebäude weist aufgrund der sehr guten Wärmdämmung und der Maßnahmen zum sommerlichen Wärmeschutz einen sehr geringen Heizenergiebedarf auf.Die Technikflächen befinden sich in der Ebene -2 innerhalb der Systemgrenze, sowie auf dem Dach im Bereich der Technikspange. Die vertikale Verteilung der Versorgungsleitungen erfolgt jeweils zentral im Gebäudekern, die horizontale Verteilung erfolgt in der Ebene zwischen den Stahlbeton- und Fachwerkbindern.Die Wärmeübergabe in den Werkstätten und Studios erfolgt über Heizkörper bzw. Flächenheizsysteme. Für diese Räume ist aufgrund der Raumtiefe eine mechanische Lüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung vorgesehen.Die Wärmeübergabe in den Büro- und Verwaltungsräume erfolgt über Flächenheizsysteme. Diese Räume werden natürlich be- und entlüftet.Die Integration von PV-Modulen erfolgt in der Dachfläche. Der erzeugte Strom wird im Gebäude genutzt.

 

  1. Schallschutz/Raumakustik
    In den Studioräumen und Werkstätten wird eine gute Raumakustik bzw. Grundbedämpfung durch eine Kombination aus schallabsorbierenden Maßnahmen an den Deckenflächen und Wänden gewährleistet.In den Büroräumen sind teilflächig Baffeln bzw. Deckensegel mit integrierter Beleuchtung vorgesehen.Das Foyer wird raumakustisch wirksam bedämpft, so dass eine gute Grundbedämpfung für die Nutzung als Veranstaltungs- / Ausstellungsfläche sowie als Pausenbereich erreicht wird.