Neue Mitte Altenplos

Bauherr

Gemeinde Heinersreuth

Standort

Heinersreuth

Typologie

Städtebau
Wohnen

LPH

Fläche BGF

Status

Wettbewerb: 2018

Fotografie

Das Konzept dieser Arbeit beruht auf einer, dem Charakter des Ortes entsprechenden, Nachverdichtung. Dieses setzt sich intensiv mit dem Thema Wohnen auf dem Land auseinander und denkt dabei das Thema Einfamilienhaus im Quartier weiter. Das „Dorf“ als Ort in dem Arbeiten und Leben eng miteinander verbunden sind wieder ins Bewusstsein zu rücken, ist ein zentrales Anliegen der Arbeit „Wohnen an der Bockela“.

Städtebauliche Figur und Erscheinungsbild

Das neue Quartier organisiert sich an einem Anger, der wie selbstverständlich an die historische Ortsmitte anschließt. Im Übergang zwischen Bestand und neuer Siedlung spielt der Entwurf mit ursprünglichen Elementen des Dorfes wie dem Wirtschaftsgebäude am Gasthof und einer großzügigen Grünfläche zur Inszenierung des Schlosses. Der Anger folgt dem Charakter des Landschaftsraums, wobei er etwa in der Mitte einen kleinen Knick erfährt, um perspektivisch auf den Ortseingang zu reagieren und den Anschluss an die Austraße zu vollziehen.

Im Süden des Angers befinden sich „Hofhäuser“, die einen „schönen“ Rücken in Richtung Bundesstraße bilden und mit ihrer durchgehenden Mauer einen passiven Schallschutz darstellen. Dieser ist wie selbstverständlich in die Gestaltung des Hauses integriert. Nördlich des Angers herrscht eine aufgefächerte, zum Landschaftsraum offene Struktur vor. Die linear organisierten Gebäudetypen verzahnen sich fingerartig mit der Aulandschaft. Die Struktur aus „Hofhäusern“ und „Langhäusern“ ist dabei aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit größtmöglich verdichtet, ohne den Charakter eines Einfamilienhauses aufzugeben.

Das Bild der Ortschaft bekommt durch den Entwurf heilsamen Ergänzungen, bestehend aus einfachen Bausteinen, die mit den vorhandenen Strukturen Schloss, Landgasthof Moreth und den historischen giebelständigen Langhäusern den „Anker“ einer Ortsmitte verstärken.

Des Weiteren wird entlang der Bundesstraße die Ortschaft durch das ruhige harmonische Bild der Hofmauer mit den rhythmisch auftauchenden Giebeln, der dahinterliegenden Häuser und der vorgelagerten Streuobstwiese identitätsstiftend erweitert.

Nutzung

Das Konzept zielt mit seinen kleinen Gewerbeeinheiten auf eine zukunftsorientierte Nutzung ab, bei der der Arbeitsplatz näher an das eigene Zuhause rückt. Die Platzierung dieser Funktion an dem Anger und nicht als Puffer zur Straße geht auf die feste Überzeugung zurück, dass die soziale Schnittstelle „Arbeitsplatz“ weiterhin einen Link in die Gemeinschaft bildet. Die Co-Work-Spaces sind in ihrer Ausformulierung flexibel; Werkstatt, Büro, Laden, Garage oder auch ein Appartement sind hier möglich.

Die Hofhäuser sind bewusst kleinformatig gehalten und sollen älteren Menschen oder jungen Paaren als kostengünstiges Eigenheim dienen. Die Gebäude nördlich des Angers haben den Anspruch attraktiv für Familien oder mehrere Generationen zu sein.

Am Gasthaus Moreth soll ein Multifunktionsgebäude mit einem Fokus auf Veranstaltungen entstehen, hier findet im Vorbereich der Verkauf von saisonalen Gütern statt. Das Gebäude Schlosshof 11 soll als „Tante Ema Laden“ mit Internetanschluss ausgebaut werden.

Insgesamt werden ca. 28 Wohneinheiten plus einer Tagespflege und einer Sonderwohnform (Betreutes Wohnen) im Bereich des Knicks geschaffen.

Freiraumqualität

Differenziert geht der Entwurf mit dem „Dazwischen“ um. Beginnend an der Nord-Westlichen Spitze des Wettbewerbsgebietes folgt eine Reihe von dörflich geprägten Raumsituationen, die den angrenzenden Nutzungen zugeordnet sind. Der `Dorfplatz`, aufgespannt zwischen historischen Langhäusern und dem Gasthaus Moreth, mit neuem Veranstaltungsgebäude, soll einen Identität stiftenden Schwerpunkt definieren. Bushaltestelle, Wochenmarkt und Gasthofbetrieb bündeln hier öffentliches Leben. Im Rücken der Gastwirtschaft liegt der Platz zum Verweilen, der Biergarten. Über eine „Grüne Fuge“, die das barocke Schloss in das Ensemble aus Alt und Neu einführt, gelangt man auf den Anger an der „Bockela“. Dieses städtebauliche Rückgrat folgt, wie selbstverständlich, den Gegebenheiten vor Ort. Alte Bahntrasse, Bundesstraße und Flusslauf geben die Richtung vor. Der Anger hat dabei nicht nur Erschließungsfunktion sondern bietet den Ereignisraum für soziale Kontakte. An ihn angelagert befinden sich zwei platzartige Aufweitungen. Die Eine im Bereich des alten Bahnhofs der Bockela, mit historischem Baumbestand und Bezug zur angrenzenden Tagespflege. Die Andere im Knick des Angers, als Auftakt zum Landschaftsraum des Mains. Hier ist Platz für einen Spielplatz oder Gemeinschaftsgarten.

Die privaten Freiräume sind differenziert ausgeformt, um ein möglichst vielfältiges Angebot aufzuzeigen. Die Häuser südlich des Angers haben kleinformatige Höfe mit einem hohen Grad an Privatsphäre. Im zweigeschossigen Modul kommt hier noch eine Dachterrasse hinzu. Südöstlich der begrenzenden Natursteinmauer können, auf Wunsch, kleine Gartenparzellen dazugeschaltet werden. Die Häuser nördlich des Angers verfügen über flexible Freiräume. Im Bereich zum Anger z.B. als überdachter Eingangsbereich im Übergang zum eigenen Büro – als Platz für Kommunikation. Zwischen den Riegeln als Grünfläche zum Spielen der Nachbarskinder und in Richtung Landschaft als Erholungsbereich, der Terrasse angelagert.

Verkehr

Die KFZ-Erschließung des neuen Wohngebietes erfolgt im Wesentlichen von der Austraße. Auch der neue Radweg wird über den Anger und am Biergarten vorbeigeführt. Die Mehrfachnutzung der zentralen Erschließung ist flächeneffizient und kommunikativ. Für das Wohnen sind ca. 14 Stellplätze zum Parken an der Austraße vorhanden, sowie, wenn benötigt, 15 im Bereich der Wohnhäuser nördlich des Angers. Mindestens für die Hofhäuser gehen wir von Mobilität ohne Automobil bzw. Autogemeinschaften aus. Die Parkierung für die Wirtschaft und deren Zufahrt befindet sich am neuen Veranstaltungsgebäude. Hier entstehen 23 Stellplätze.

Haustypologie

Die Häuser sind als Prototypen in vorgefertigter Holztafelbauweise vorgesehen. Beide Typologien folgen einem strengen Raster, lassen aber viel Spielraum zur Ausformulierung für den Nutzer und den Einsatz traditioneller Handwerkskunst zu. Customized statt Einheitsbrei. Wichtig ist, dass hier eine Offenheit für Veränderung im System erfolgen kann, um ein Heim für alle Generation zu bilden. Die Körnung und Geschossigkeit orientiert sich am Ort mit seinen alten Langhöfen. Die Gebäude können von eingeschossig bis zweigeschossig mit Dach ausgebildet werden.

Die Erstellung in Bauabschnitten würde sukzessive von der Ortsmitte aus erfolgen.

Wohlfühlen und Ökologie

Aus physiologischen Gründen wird trotz Möglichkeit der Bebauung die 20m und 57db Lärmschutzgrenze zur Straße eingehalten. Hier wird zur B 85 eine Streuobstwiese als typisches Landschaftselement, Filter und Blickfang gesetzt. Ein leichter Höhenversprung in der Fläche dient ebenfalls der Abstandswirkung. Die einfache Mauer aus Natursteinelementen stellt einen passiven Schallschutz dar. Die Bauweise der Häuser und deren Verkleidung aus Holz bildet eine nachhaltige Grundlage. Der Entwurf „Wohnen an der Bockela“ wurde des Weiteren bezüglich der Grauen Energie des Städtebaus untersucht. Die Gebäude wurden hier hinsichtlich ihrer Kubatur und Ausformulierung betrachtet. Das Innenleben wurde pauschalisiert. Für einen Bebauungsplan sollte diese Methode dazu verwendet werden, um eine weitere Optimierung zu schaffen und die Gestaltungsrichtlinien festzulegen – dem Mustercharakter der Siedlung folgend.